Die Leidenschaften
Liebe Töchter, denkt daran, dass die Leidenschaft, die sich ihrem Impuls überlässt, keine Zügel duldet.
Das Gesetz Gottes und jedes andere Gesetz, das sie unterdrücken will, wird für sie eine unerträgliche Tyrannei sein. Aber wenn das für die Leidenschaft gilt, so nicht für den Menschen. Für ihn ist das Gesetz das, was Jesus gesagt hat: „Mein Joch drückt nicht und meine Last ist leicht". Es gibt der Seele den Frieden.
Ja, das stimmt – sagt vielleicht eine unter euch - und doch, Madre, gibt es Gesetze, die sehr schwer und sogar hart und unbeugsam sind und so eine zu große Last für die arme menschliche Natur sind. Der Mensch ist so zerbrechlich und es gibt Gesetze, die ihm nicht die geringste Erleichterung erlauben."
Meine Tochter, denke an das, was du gerade gesagt hast und erkenne, dass die Leidenschaften des Herzens oft laut ihre Stimme erheben und das heilige Gesetz sie zum Schweigen bringt und ohne Rücksicht niederschlägt und sage mir: ist das eine Wohltat oder eine Tyrannei?
Meine Tochter, wir müssen dankbar sein und die Hand küssen, die uns ein solch heilbringendes Joch auferlegt. Denk´ daran, dass sich die Vernunft nie so ausdrückt; da ist die typische Sprache der rebellischen und stolzen Leidenschaft, die ihre eigene Sache verteidigen will.
Der Mensch als Sklave seiner Leidenschaften
Betrachten wir, meine Töchter, wie unglücklich der Mensch ist, der Sklave seiner eigenen Leidenschaften ist, unbewusst Untertan der Begierde, die ihn bestimmt, auch wenn er seine freie Entscheidungskraft nicht verloren hat. Sie ist durch den Missbrauch so sehr geschwächt, dass der Mensch mit seiner eigenen Kraft kaum das hemmungslos Gesetz der Sinne beherrschen und der Vernunft zum Sieg verhelfen kann.
In unseren Gliedern herrscht ein Gesetz, das uns bewegt, uns über das Gesetz in unserem Geist hinwegzusetzen und das uns zu Sklaven der Sünde macht. Deshalb müssen wir ausrufen: „Jesus, ich bin nicht mehr Herr meiner Handlungen, die Sünde wohnt in mir. Ich Unglücklicher! Wer wird mich befreien aus diesem Leib, der den Tod in sich trägt, wer wird mich befreien von dieser verhassten und schändlichen Sklaverei?"
Die Gnade des guten Jesus wird uns befreien. Ja, durch die befreiende Aktion der Gnade wird der Mensch wieder frei und Herr seiner selbst, der Sünder wird wieder gerecht. Diese Verwandlung ist am offensichtlichsten im Menschen, der von tausenden persönlichen Verirrungen hin und her gezerrt wird, der in den Abgrund der Korruption und Entgleisung hinabgestiegen ist, getrieben von den mächtigen Impulsen seiner verdorbenen Natur.
Betrachten wir diesen armen Menschen, der seinen Leidenschaften hörig ist. Der Stolz bringt ihn vom Weg ab, die Faulheit hält ihn gefangen, der Ehrgeiz ängstigt ihn, die Sinnlichkeit zerfleischt ihn, der Geiz erniedrigt ihn, der Neid zerfrisst ihn, der Zorn lässt ihn blind werden, die Verzweiflung quält ihn, die Eitelkeit täuscht ihn, die Entmutigung bringt ihn um. Und doch kann sich dieses so erniedrigte Wesen, dieser zerschlagene und elende Mensch, verändern in ein komplett neues Wesen, in einen gerechten Menschen, der zu den Leidenschaften sagt: „Hier kommt ihr nicht weiter, die Vernunft setzt eine Grenze, euer Dünkel wird zerschlagen."
Der Gerechte, meine Töchter, ist der veredelte Mensch schlechthin. In ihm herrscht die Vernunft über alle niedrigeren Kräfte. Und die Vernunft ihrerseits ist an das Gesetz Gottes gebunden und ihm untertan.
Krieg den Leidenschaften!
Liebe Töchter, der Heilige Geist spricht: „Der treue Mensch erntet reichlich Lob." Und wer ist treuer als der, der bis zum Tod den göttlichen Glauben bewahrt. Deshalb verdienen demütigen Menschen Lob, jene Menschen, die von den Leuten und manchmal auch von höherstehenden Personen verachtet werden. Sie haben kein äußeres Ansehen, durch das sie von den Leuten, die sie umgeben, geschätzt werden würden – aber sie führen ein Leben, welches durch das freie und echte Bekenntnis ihres Glaubens voll ist an Verdienste vor Gott. Ja, meine Töchter, unser Glauben ist die Kraft, die die Welt überwindet.
Aber Madre, wie sehr behindern die Leidenschaften und das öffentliche Ärgernis den Glauben! Das stimmt, meine Tochter, und bedenke, dass die Welt der größte Feind des Glaubens und der gottgeweihten Seelen ist – vor allem in diesen Zeiten, in denen überall ihr Geist regiert, d.h. die Begehrlichkeit in all ihren Formen und Ausdrucksarten. Die Menschenfurcht entfernt die Seelen vom Glauben und die eitlen Ängste der Welt und ihrer Anhänger hindern den Menschen, auf dem Weg seines Glaubens voranzuschreiten. Und was soll ich über die verheerenden Auswirkungen des Gespenstes mit dem Namen „was werden die Leute sagen" in den Seelen sagen? Dieses Gespenst schüchtert tausende von schwachen und unentschlossenen Herzen ein und lässt sie zurückweichen. (El pan 8, 950-959)
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ultimo aggiornamento
05 settembre, 2013