Die Sakramente: Das Sakrament der Buße

Liebe Töchter, eine unter euch fragte mich: „Madre, was ist das Sakrament der Buße? Was wäre mit dem Menschen ohne die sakramentale Beichte?" Das Sakrament der Buße, meine Tochter, ist - was den Sünder angeht - einfach das schmerzerfüllte Bekenntnis seiner Verfehlungen, das er mit Aufrichtigkeit vor dem Minister Jesu ablegt, um die Vergebung seiner Sünden zu erhalten.

Der Mensch verurteilt sich durch die Sünde selbst dazu, nicht an der unschätzbaren Gnade der Ewigkeit teilzuhaben, da der Akt der Sünde wie ein Personalausweis ist, auf dem er selbst die Verurteilung zertifiziert und die Seele in einem unerträglichen Zustand der Gnadenlosigkeit und des Elends bleibt, über den er eigentlich blutige Tränen weinen müsste.

In vielen Seelen besteht ein Gefühl natürlicher Würde, das sie in ihren eigenen Augen erhebt, aber ohne Stolz. Daher kommt es, dass wir in uns das dankbare Echo des guten Gewissens vernehmen, wenn wir das Gute tun – dieses schmeichelhafte Echo, das selbst für die Menschen in der Welt der süßeste Lohn für die Tugend ist.

Jener Mensch, hingegen, der seinen ethischen Pflichten gegenüber untreu war (auch wenn es nur ein einziges Mal aus Schwäche war); jener, der auf erbärmliche Weise seine Unschuld verloren hat, angetrieben von der Verführung zu einem Vergnügen, das das Gesetz Gottes verbietet; jener, der schwer gesündigt hat, egal auf welchem Gebiet – der muss früher oder später, aber normalerweise im Augenblick nach dem Schuldigwerden, ein Echo verspüren, das weh tut, einen schmerzerfüllte Stimme, einen gellenden Schrei des Gewissens, das ihn beständig mit wehmütiger Klage fragt:

Was hast du getan? In welchen Abgrund hast du mich gestoßen? Ich Arme! Ich habe die Unschuld verloren, die Gerechtigkeit mit Füßen getreten, ich bin entwürdigt und befleckt. Nie werde ich das wiedererlangen, was ich verloren habe. Was bleibt mit anderes als die Traurigkeit, die Scham und Gewissensbisse bis zum Tod?! Oh, mein Gott! Warum habe ich mich gegen dich gewendet und bin mir selbst zur Last geworden? Oh, mein Jesus! Wie kann ich die tiefen Wunden heilen, die das Messer der Sünde in meiner Seele geöffnet hat? Wie kann ich meine Seele von diesem verabscheuungswürdigen Ungeheuer befreien?

Es wird genügen, dass ich meine Wunden einem Vater, einem innigen Freund, einem erfahrenen und liebevollen Arzt zeige, dass ich also einen Gott suche, der mir die Arme öffnet, mich anhört und über mein Haupt die allmächtigen Worte spricht, die nur er sprechen kann: „Tochter, erhebe dich, deine Sünden sind dir vergeben."

Liebe Töchter, wir können mit absoluter Gewissheit sagen, dass wir nie das Ausmaß unseres Elends und die Tiefe des Abgrundes erkannt hätten, wenn Jesus uns nicht das Mittel gegeben hätte, um bis in die Tiefe unserer Degradation hinabzusteigen und um uns dann aus diesem Zustand bis zu den Höhen des Gnadenstandes zu erheben durch die Kraft des wunderbaren Sakramentes der Buße, das erniedrigt und erhöht, abtötet und Leben schenkt.

Es ist notwendig, hinabzusteigen, um aufsteigen zu können. Wir müssen unser Nichts und unser Elend anerkennen, damit Jesus, der die Niedrigen erhöht, uns zu einem hohen Grad erheben kann, wie er es durch die Heiligkeit tun will und kann.

Die sakramentale Beichte, meine Töchter, ist nicht nur eine Quelle des Lichtes, das uns das Nichts unseres Seins erkennen lässt und den Abgrund des Verderbens, in dem wir uns aufgrund der Sünde befinden - es ist auch der übernatürlich Grund jener wundersamen Erhebung, die im Menschen stattfindet und ihn vom Sünder zum Heiligen verwandelt .

Ich glaube: wenn wir es schaffen würden, uns von der Wahrheit dessen zu überzeugen, was ich gerade gesagt habe, dann würden wir das Sakrament der Buße nicht wie eine demütigende Zeremonie unserer Religion und einer Tortur für die Eigenliebe ansehen. Wir würden es wertschätzen und es den anderen als etwas Wertvolles mitteilen, weil es die Wiederherstellung unserer verlorenen Würde ist und der einzige Weg, auf dem wir uns aus dem Abgrund unserer tödlichen Verfehlungen wieder zu himmlischen Höhen erheben können.

Um uns völlig davon zu überzeugen, genügt es, dass wir unsere Aufmerksamkeit auf das wenden, was jeden Tag in diesem heiligen und ehrwürdigen Gericht der göttlichen Barmherzigkeit geschieht. Jesus bietet uns das Mittel an, um in die Tiefe unserer Degradation hinabzusteigen und um von dort wieder zu den Höhen des Gnadenstandes aufzusteigen. Sehnen wir uns danach und arbeiten wir daran, uns durch das Sakrament der Beichte, die innere Buße und das Gebet in Christus zu verwandeln. Der heilige Johannes sagt, dass die Welt die Heiligen nicht kennt, weil sie Gott nicht kennt.

Liebe Töchter, ich glaube, dass ihr alle wisst, dass nur die sakramentale Beichte dem Herzen, das durch die Sünde bedrückten ist und von Gewissensbissen über das begangene Unrecht gequälten wird, Ruhe verschaffen kann. Nur die Beichte, die von Jesus eingesetzt worden ist und von der Kirche praktiziert wird, ist fähig, die Augen des freiwillig Blinden zu öffnen und ihm mit staunenswerter Klarheit das ganze schreckliche Ausmaß seiner moralischen Lage zu offenbaren.

Von dem Moment an, in dem der Mensch sich aufrichtig dazu entschließt, sich dem heiligen Gericht zu nähern, scheint es, als Würde eine Binde von seinen Augen fallen. Er spürt das Bedürfnis, sich im Inneren seiner selbst zu sammeln und aufmerksam die Neigungen seines Herzens zu prüfen. Diese strenge Prüfung bewirkt als erstes Ergebnis, dass der Mensch anfängt, sich selber zu kennen und zu beurteilen.

Schätzen wir die Wirksamkeit des Bußsakramentes, das unser Erlöser eingesetzt hat, um den Sünder zu verwandeln und ihn aus dem Abgrund, in den er gestürzt ist, heraufzuholen und ihn zu einem Grad zu erheben, den er nicht einmal gewagt hätte, sich vorzustellen.

Der verlorene Sohn, der von Neuem die Schwelle seines Vaterhauses überschreitet, ist auch mit dem letzten Platz unter den Knechten zufrieden. Aber der Vater, über alle Maßen gut, verleiht ihm alle Vorrechte der Sohnschaft.

So handelt Gott, voll Weisheit und Güte, durch den übernatürlichen Schmerz und das mündliche Bekenntnis der Sünden, auf das sofort die Sentenz der Vergebung und die dem Bußsakrament eigenen Gnaden folgen.

Was ist der Effekt des übernatürlichen christlichen Schmerzes? Die Sühne der begangenen Sünde. Die Reue ist das einzige, unabdingbare und unaussprechlich wirksame Mittel, um das moralische Übel zu sühnen. Wie man durch einen Missbrauch des freien Willens schuldig wird, so ist es notwendig, dass man ebenso durch einen freien Akt des Willens sühnt und die Schuld tilgt. Wenn man geliebt hat, so ist es nötig zu hassen; wenn man gehasst hat, so ist es nötig zu lieben. Und bis dieser Wandel des Willens nicht vollzogen ist, bleibt in der Seele die Sünde mit ihren traurigen Folgen bestehen.

Das ist, meines Erachtens, die einfache Theorie der Reue und der Buße, auch im rein natürlichen, menschlichen Bereich. Im übernatürlichen und göttlichen Bereich, in dem die Buße auf die Ebene des vollkommen Schmerzes gebracht wird, die im christlichen Sprachgebrauch „Zerknirschung" heißt, erlangt diese Theorie ihre Vollkommenheit, gegründet auf das Wort Gottes, das den Sünder viele Male zur Reue und Buße aufruft und ihm Liebe, Barmherzigkeit und Vergebung anbietet.

Liebe Töchter, eine unter euch hat mich gefragt: „Gibt es für den schuldig gewordenen Menschen kein anderes Mittel, seine Würde vor Gott und vor seinem eigenen Gewissen wiederzuerlangen?" Für die rechte Vernunft gibt es nichts Vernünftigeres und deshalb nichts Würdigeres und nichts, was den Schuldigen mehr adeln würde, als die begangene Sünde zu erkennen und aufrichtig zu hassen. Das innere Gefühl, der Schmerz tiefer Bitterkeit über das begangene Unrecht, ist das Einzige, was die heftigen Gewissensbisse lindern und den zutiefst durch Unordnung verwirrten Geist beruhigen kann. Wir wissen, dass vor dem Angesicht Gottes die Zerknirschung alle Schuld tilgt, denn sie ist ein Gott selbst würdiger Schmerz, sowohl wegen der Ursache als auch wegen dem Ursprung, von dem sie herrührt.

Dieser Ursprung ist die kindliche Liebe, die Liebe, die vom Hauch des Heiligen Geistes entfacht wurde und mit der heiligmachenden Gnade einhergeht. Die Ursache ist die Milde Gottes, der so sehr Vater ist für den undankbaren Sohn, der so gut ist zum Sünder und noch mehr in sich selbst, der liebenswert, unendlich liebenswert ist und doch vom Menschen so sehr beleidigt und betrübt wird.

Das bewegt die reuige Seele und lässt sie von Herzen weinen und klagen. Das lässt sie ausrufen: „Es schmerzt mich so sehr, dich beleidigt zu haben. Ich will nicht mehr sündigen."

Liebe Töchter, nach all dem, was wir gesagt haben: erscheint es euch möglich, das edle Gefühl der Zerknirschung zu empfinden und gleichzeitig die Praxis der sakramentalen Beichte auszuschließen? Oder kann jemand einen derartigen Schmerz empfinden, der nicht bereit wäre, zu beichten oder der sich sogar weigert, sich dem Bußsakrament zu nähern, das Jesus Christus eingesetzt hat?

Die echte Zerknirschung schließt de facto den Vorsatz der Beichte ein und deshalb können jene, die die Beichte hassten, keine Akte echter Zerknirschung vollziehen. Sie bereuen nicht und sie wenden sich nicht mit zerknirschtem und demütigem Herzen an Gott. Auf den Hass gegen die Sünde muss die mündliche, demütige und aufrichtige Beichte folgen - ohne dies kann das Werk der Sühne für die begangene Sünde nicht als vollkommen und vollständig gewertet werden.

Lassen wir die Natur zusammen mit der Gnade frei wirken und wir werden sehen, meine Töchter, wie der Sünder einen schmerzerfüllten Schrei der Reue ausstößt und wie er selbst die verborgenen Sünden offenbart – je schwerer sie sind und je mehr sie seine Seele quälen, desto eiliger.

Seht wie der Verräter Judas von Gewissensbissen in den Tempel getrieben wird, in dem die Hohenpriester versammelt sind, die ihm dreißig Silberlinge für den Verrat seines guten Meisters gezahlt hatten und hört, wie er mit einem Schrei sein Verbrechen bekennt: „Ich habe gesündigt und das Blut des Gerechten verraten". Betrachtet, wie er den Preis seines Verrats auf den Boden schleudert. Glücklich wäre er gewesen, wenn die unmenschliche Härte jener, die sein Bekenntnis angehört hatten, ihn nicht an den Abgrund getrieben hätte.

Liebe Töchter, zweifelt nicht daran, dass die Verwirrung und die Scham einen wesentlichen Teil der Buße des Geistes ausmachen, mit der der Sünder seine Sünde ausreichend sühnt und durch die Buße auf den Weg der rechten Ordnung zurückkehrt. Es reicht nicht, dass der Sünder sich in der Verborgenheit seines eigenen Gewissens als schuldig bekennt und auch nicht, dass er vor Gott und allen Heiligen beichtet, wenn er sich gleichzeitig bemüht, vor den Augen der Welt als unschuldig und gerecht zu erscheinen und Wertschätzung und Ehre genießt, die ihm nicht gebühren. Es ist gut, sich tief vor Gott zu demütigen, aber es ist auch notwendig, sich vor den Menschen zu demütigen und seine eigenen Werke zu offenbaren - ohne Anstoß, aber auch ohne Heuchelei und Falschheit.

Man darf auch nicht glauben, dass es eine ausreichende Demütigung ist, aus Gewohnheit oder, um gut dazustehen, zu sagen: „Ich bin ein großer Sünder, Jesus weiß es." Was wirklich demütigt und uns die Schamröte ins Gesicht treibt, ist die persönliche und aufrichtige Bekanntgabe der eigenen Vergehen. Das ist die einzig würdige Sühne, die die reuige Seele Gott und dem eigenen Gewissen darbringen kann.

Liebe Töchter, bedenken wir: wenn der Mensch die nötigen Voraussetzungen erfüllt hat, um seine Sünde zu sühnen, greift Gott ein und legt das Siegel der Wiederherstellung auf. Er gewährt dem Sünder die größte und großzügigste Vergebung durch die sakramentale Lossprechung. Könnte ein Gott, der ganz Güte und Barmherzigkeit ist, diese Gnade verweigern? Ein Gott, der selbst sein Wort gegeben und gesagt hat: „Wahrlich, ich will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er umkehrt und lebt"?

Ist nicht die Gerechtigkeit selbst erfüllt durch die freiwillige Buße der schuldigen Seele? Was sage ich! Durch die unendlichen Verdienste des kostbaren Blutes unseres Erlösers, durch die die Flecken der Schuld abgewaschen werden, wenn der Minister Gottes die Absolution spricht und Gott sie im Himmel bestätigen und anerkennt. Die sakramentale Lossprechung – was für ein feierlicher Moment!

Lehrt die Töchter und die Kinder den Wert dieses Aktes. Sagt ihnen, dass im glücklichen Moment der Absolution ein großer Wandel vor sich geht: der Wandel vom Sünder zum Gerechten. Ich sehe den Erlöser der Welt bildlich vor mir in diesem Moment, wie er mit der Macht seines Wortes den Teufel und eine ganze Legion von Teufeln austreibt aus dem Leib des unglücklich Besessenen, der im selben Moment zum vernünftigen und göttlichen Leben gerufen wird. (El pan 8, 441-467)


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ultimo aggiornamento 05 settembre, 2013